Artikel der Taunuszeitung vom 25. Oktober: „Warten auf die neuen Radwege über Saalburg und im Köpperner Tal“
Unser Vorsitzender des Mobilitätsausschusses und verkehrspolitisches Urgestein, Jürgen Stamm (siehe Foto), hat zum o. a. Artikel einen Leserbrief verfasst, den wir hier gerne veröffentlichen.
„So wird das nix mit der Verkehrswende!“
Verkehrsplanerische Holprigkeiten bei der Realisierung von neuen Verkehrswegen sind nichts Außergewöhnliches, kleinere Verzögerungen auch nicht. Aber hier schaut der staunende Zuschauer in ganze Bombenkrater, wenn er/sie denn überhaupt noch weiß, dass ca. 2 Tage nach Ende der Steinzeit schon ein Ausbaubeschluss für einen Radwegebau beschlossen worden war. Voruntersuchungen, Entwurfsplanung, landespflegerische Untersuchungen, Grunderwerbsfragen, Baurechtsverfahren, Privat- und naturrechtliche Belange, Bauwerksplanungen, Baugrunduntersuchungen…
Hallo, was wird denn da geplant? Geht´s hier um die Planung einer Regionaltangente Nord für Schienenfahrzeuge oder um einen läppischen Radweg? Ähnlich wie der bereits kurz nach Abschaffung von Pferdefuhrwerken für den öffentlichen Nahverkehr beschlossene Weiterbau der RTW (Regionaltangente West), auf deren Trassen vermutlich unsere Enkel oder deren Kinder und Kindeskinder das erste mal werden fahren dürfen, werden wir es wohl nicht mehr erleben, auf einem vernünftigen Radweg über die Saalburg zu kommen.
Was sagt uns das?
1.
Die Kommunalpolitiker/innen sind gar nicht so faul und träge, wie uns das gern nachgesagt wird. Ich selbst mache in Bad Homburg seit 37 Jahren(!) parlamentarische Verkehrspolitik und wurde schon oft für planungsrechtliche Verzögerungen angegriffen. Sinnvolle Beschlüsse werden im Taunus in allen Parlamenten gefasst, die Umsetzung dieses politischen Willens liegt aber nicht in der Hand der kommunalen Politik.
2.
So, wie das Planungsverfahren derzeit aufgestellt ist, wird das nichts mit der Verkehrswende. Auf gut gemeinten Beschlüssen der Kommunalparlamente liegt wie ein riesiger Deckel ein feldberghoher Wust an Bau- und Planungsvorschriften, die die Umsetzung der Projekte erst erwarten lassen, wenn die ersten Touristen längst vom Sommerurlaub auf dem Mars zurückgekehrt sein werden.
3.
Flexibilität sieht das Baurecht ganz offensichtlich nicht vor. Denn wie anders ist es zu erklären, dass landespflegerische Untersuchungen und naturrechtliche Belange in aller Breite verbindlich zu untersuchen sind, wenn es schlicht darum geht, durch die Anlage eines vernünftigen Radweges den Autoverkehr zurückzudrängen und den zweifelsohne umweltfreundlichen Radverkehr zu fördern? Ja selbstverständlich fördert das den Erhalt der Flora und Fauna! Was gibt´s da noch lang und breit zu untersuchen?
4.
Fazit:
Schlanke Planungsverfahren, individuelle, an der Sache orientierte Untersuchungen, die mehr wie bisher dem zeitlichen Umsetzungsziel verpflichtet sind, DAS sind Lösungen, die wir brauchen. Dass da was nicht stimmt zeigt schon das ungläubige Kopfschütteln des unbedarften Zeitungslesers, der Leserin. Denn das Unverständnis in der Bevölkerung angesichts solcher Mammutverfahren zeigt doch ganz klar und eindeutig, dass was nicht stimmt in unserem Land. Und das nicht erst seit gestern.
Aber ja, auch das sind letztendlich politische Entscheidungen, die getroffen werden müssen – aber das sollten sie auch, und zwar schleunigst. Denn wir kleinen 5-Uhrpolitiker vor Ort können und wollen auch nicht mehr der Bevölkerung ständig erklären müssen, dass der politische Entscheid ja an sich toll war, das dazugehörige Genehmigungsverfahren aber vermutlich menschengenerationenlang dauern wird.
Ich zumindest fahre mit meinem Rennrad bis auf Weiteres zwischen Köppern und Lochmühle zwischen Straßengraben und 15-Tonner meines Weges. Von der Saalburg runter Richtung Bad Homburg trage ich auch weiterhin ein Totenhemd und kein Trikot und im Erlebensfall freue ich mich als Tattergreis darüber, dass irgendwann einmal Hessen-mobil freudig ausruft: „Heureka, es ist vollbracht!“